Lange ist es her, doch der erste Wurf wird wohl immer etwas besonderes bleiben. Deshalb bin ich froh, dass ich bereits damals begonnen habe unsere Erfahrungen auf zu schreiben. Der erste Wurf im Grand Jardin wurde am Morgen des 14. Oktober 1994 geboren.
„Du solltest Dich jetzt mal sehen“ – im Halbschlaf nahm ich die Bemerkung meines Mannes wahr und registrierte, dass sich alle unserer Samtpfoten bei mir im Bett eingefunden hatten. Ballou, damals ca. 5 Monate alt, lag wie immer auf dem Kopfkissen und unsere beiden Birmamädchen Angie und Alice teilten sich die Bettdecke. Letzteres war in so fern verwunderlich, weil unser Sensibelchen Alice seit dem Einzug von Ballou nicht mehr ins Bett gekommen war. Es war die Nacht vom 13. auf den 14. Oktober. Alice war hoch trächtig. Der 13.10. war der von uns errechnete Geburtstermin. Unser Sensibelchen Alice, die man nicht auslachend darf, hatte die Trächtigkeit ohne Schwierigkeiten gemeistert.
Um einen geeigneten Papa für die Babys zu finden, hatten wir über ein halbes Jahr gesucht. Wir wollten gerne die Möglichkeit auf ein red point Birmamädchen haben. Deshalb sollte der Papa eigentlich auch red point sein, da wir ohne tabby züchten wollen. Dazu sollte er in der Wohnung leben, verschmust sein und weder mit Alice noch mit Ballou verwandt sein. Da ein red point Kater nicht zu finden war, waren wir sehr froh, einen mischerbigen red tabby point Kater zu finden, der unsere übrigen Erwartungen erfüllte und dann auch Alice’s erster Liebhaber wurde.
Genetisch stand somit die Wahrscheinlichkeit auf ein red point Mädchen 1:16 und wir rechneten nicht damit, dass unser Wunsch in Erfüllung gehen würde. Trotzdem freuten wir uns auf „unsere“ ersten Katzenbabies und hatten alles gelesen, was wir im Zusammenhang mit Katzengeburten finden konnten. Im Schlafzimmer standen zwei Wurfboxen zur Auswahl und im Schrank stand ein Notfallkarton mit Frotteetuch, Schere,...
Doch nun zurück zur besagten Nacht:
Nach der Bemerkung meines Mannes war ich schnell wieder eingeschlafen. Das nächste es ich wahrnahm war ein leises fiepen – ich sass senkrecht im Bett – das war keine unserer Katzen- LICHT! Neben dem Bett lag Alice auf dem Teppichboden und war eifrig damit beschäftigt, ihr gerade eben geborenes erstes Baby ab zu lecken. Wahrscheinlich war sie von der Geburt auf dem Weg zur Wurfkiste am Fussende des Bettes überrascht worden. Sie lies sich weder von meinen neugierigen Blicken noch von Angie oder Ballou, die beide den neuen Erdenbürger beschnupperten, stören. Es war 5.00 Uhr. Ich traute mich nicht Mutter und Kind in die Wurfkiste zu setzen, da das Baby noch durch die Nabelschnur mit der Mutter verbunden war. Also wartete ich auf die erste Nachgeburt. Aber statt dessen kam gleich (ca. 5.10 Uhr das zweite Kätzchen. Auch dieses wurde von der Mutter von der Fruchthülle befreit und trocken geleckt. Kurz darauf kam die erste Nachgeburt, die Alice „vorschriftsmässig frass. Jetzt nutzte sie die Pause um sich in die Wurfkiste zu legen. Das Einzige was ich zu tun hatte, war, ihr die beiden Babys hinterher zu tragen. Bis 8.00 Uhr war Alice Mutter von vier Babies. Man konnte gerade meinen, sie hatte die ganzen Bücher auch gelesen, so problemlos verlief die ganze Geburt.
Alice lies sich auch nicht von Ballou oder Angie aus der Ruhe bringen, die beide jeden „Neuankömmling“ kurz beschnupperten. Der Tierarzt hatte gemeint wir sollten dafür sorgen, daß Alice bei er Geburt alleine ist und nicht von den anderen Katzen gestört wird. Eine befreundete Züchterin meinte es sei besser die Neugeborenen vorübergehend in ein warmes „Nest“ zu legen, damit die Mutter bei den weiteren Geburten nicht gestört wird – aber all des war ebenso unnötig wie das extra im Schlafzimmer aufgestellte Katzenclo oder das am Wurflager gereichte Futter. Abends stand Alice in der Küche, fraß mit den Anderen zusammen und benutzte auch von Anfang an das gewohnte Katzenclo im Keller.
Überhaupt erwies sich unser „Sensiebelchen“ als Bilederbuchmama. Sie war weder überbesorgt, noch les die es den Babys an irgend etwas fehlen. Sei schien sich auch nicht von unserer Neugier aus der Ruhe bringen zu lassen. Wir waren uns mit der Geschlechtsbestimung unsicher und ausserdem waren wir neugierig, welche Farben die Kleinen denn haben. Wir dachten es sind zwei Kater und zwei Mädchen, worin uns befreundete Züchter dann auch bestätigten. Eines der Babys war von Geburt an dunkler gewesen als seine Geschwister. Es stellte sich bald als blue point Kater heraus und wurde von uns André genannt. André’s neues Frauchen sah ihn das erste mal, als er noch keine drei Wochen alt war und hat sich von Anfang an in den kleinen Wollknäuel verguckt. Die anderen Kätzchen bekamen zu unserer Freude alle rosa Ohren und wir reifen die Züchter von Ballou an, da diese gerne einen red point Kater von uns kaufen wollten. Als die Frau mit ihren beiden Kindern kam, ging es an der Wurfkiste verständlicherweise etwas turbulent zu. Statt verärgert zu sein, stand Alice nach einiger Zeit auf, schaute mich an und ging. Es kam mir so vor, als wisse sie ihre Babys in guten Händen. Bei diesem Besuch fand dann auch die entgültige Geschlechtsbestimmugn statt: die rosa Ohren waren alles Mädchen!!!
Als die Babys zwei Wochen alt waren, hatte Alice mit ihnen die zweite Wurfkiste im Schlafzimmer ausprobiert und als die Babys mit ca. drei Wochen immer neugieriger wurden, wollten wir mit Bretterabsperrung und Decken eine kuschelige, babysichere Ecke einrichten. Wir hatten Angst, die Babys würden durch die offene Schlafzimmertür in den Flur gelangen und könnten durch die Zwischenräume der Holztreppe fallen. Aber Alice wusste es besser; sie war der Meinung ihre Babys brauchten mehr Platz und sie legte alle vier Kätzchen in die andere Schlafzimmerecke neben das Bett auf den Teppichboden. Wenn wir wieder versuchten die Ecke mit Brettern abzusichern, trug Alice die Kleinen einfach über die Absperrung. Also haben wir diese Ecke dann mit Kissen und Decken ausgestattet und die Babys unternahmen ihre ersten Ausflüge.
Jetzt begann auch Ballou sich für die Winzlinge zu interessieren. Wir schauten seinen ersten Annäherungsversuchen mit gemischten Gefühlen zu – schließlich liest man ja so einiges über Kater und Katzenbabys, was nicht gerade zur Beruhigung beiträgt. Alice blieb von vornherein ganz ruhig. Ballou schnupperte und „adoptierte“ die Babys. Er tat alles mit ihnen, was eine Mutter auch tut. Er putzte sie, reinigte ihren After, wärmte sie im Schlaf und brachte ihnen Blödsinn bei. Nur wenn sie in seinem Bauchfell nach Zitzen suchten schaute er etwas erstaunt. Wenn seine Spiele mit den Kleinen heftig wurden und die Minis aufgeregt fiepten, brauchten wir nur unsere Alice an zu schauen um zu wissen, dass alles in Ordnung ist.
Nach einer weiteren Woche brachte Alice ihre Babys eine Etage tiefer ins Wohnzimmer, wo es tagsüber doch mehr zu entdecken gibt. Dort blieb die kleine Familie bis die Babys alt genug waren, um selbst die Treppe zu erklettern. Dann kamen sie nachts, wie die „großen“ ins Schlafzimmer und in Bett. Es war eine sehr schöne, wenn auch etwas anstrengende Zeit.
Es gäbe noch viel zu erzählen, zumal sich die „Roten“ als Dickköpfe entpuppten. Die Mädchen heißen Ahàsya (sie blieb bei uns) Anjouly und Aileen. Inzwischen sind André und zwei seiner Schwestern in gute Hände verkauft. zu allen neuen Besitzern haben wir Kontakt und sie sind mit ihren Katzen sehr zufrieden. André hat das Regime in seinem neuen Haushalt anscheinend fest übernommen. Obwohl er selbst nicht mit Hunden aufgewachsen ist, bringt er eine 16 Jahre alte Hündin wieder zum spielen und lässt sich auch von Besuchshunden nichts gefallen
Anjouly kam in einen Haushalt mit zwei Kindern und vier Katzen. Als sie aus dem Transportkorb heraus ging (wir haben sie in ihr neues Heim gebracht), fing sie gleich an mit dem Kater zu schmusen. Ihren Platz im Bett hat sie sich auch von Anfang an behauptet und nach den Auskünften der neuen Besitzerin hat sie sich gut eingelebt. Aileen ging zu einer Züchterin, die wir auf der Suche nach einem Deckkater und bei einer Ausstellung kennen gelernt hatten. Aileen war die frechste im Wurf, aber ich glaube, da passt ganz gut zu ihrer neuen Zweibeinerin. Am Telefon kann ich mich oft köstlich amüsieren, wenn sie mir von Aileens neuesten Streichen erzählt; so schreit Aileen wen ihr Frauchen zu lange im Bad bleibt oder einmal ist sie vor lauter Neugier fast in die Toilette gefallen.
Ahàsya blieb bei uns und bezaubert uns mit ihrem charmanten Dickkopf.
Den obigen Bericht habe ich kurz nach dem Auszug der damaligen Katzenbabys geschrieben. Im Großen und Ganzen hat sich nicht viel verändert. Auch wenn Ballou nicht mehr so viel mit den Kätzchen spielt, ist er immer noch ein liebevoller Papa und die Kleinen wachsen im ganzen Haus auf, so weit sie es sich erobern. Die Hündin bei André ist verstorben und er bekam seine Halbschwester Carina Marchesa zur Gesellschaft. Allerdings stimmt mich das Schicksal von Anjouly und Aileen traurig. Beide wurden in kleine Zuchten verkauft. Aileen wurde mit 8 Monaten bereits Mutter (nun ja, kann bei einem frei laufenden Kater passieren) aber einige Monate später riss der Kontakt zu ihrer Besitzerin ab – Telefonate verliefen eintönig und Briefe wurden nicht mehr beantwortet, Gerüchte sagten sie sei verkauft worden. Anjouly wurde um ihren ersten Geburtstag herum weiter verkauft und es begann für sie eine Odyssee durch mehrere Familien, die sie aus unterschiedlichen Gründen weiter verkauften. Mit 7 Jahren verstarb sie an einem nicht operablen Tumor im Gehirn. Wäre es mit den neuen Plätzen für unsere Kätzchen so weiter gegangen, gäbe es heute keinen „Grand Jardin“ mehr. Wir haben unsere Konsequenzen gezogen und sind nicht mehr bereit Kätzchen in die Zucht ab zu geben. Auch wurde unser Kaufvertrag entsprechend gestaltet.
Seit damals durfte ich viele Katzenbabys aufwachsen sehen, die wundervolle neue Kuschelplätze gefunden haben und kastriert wurden. Da zu (fast) allen neuen Zweibeinern mehr oder weniger starker Kontakt besteht, konnten wir auch miterleben, wie sie sich zu wundervollen Katzenpersönlichkeiten entwickelt haben.
Ahàsya ist immer noch bei uns. Mit 3,5 Jahren hat sie uns ihre erste Tochter Evian geschenkt. Es folgten Felice, Julian, Orania + Orchidée und jetzt als letztes Quenelle. Da Ahàsya meist kleine Würfe mit großen Babys bekommt, tut sie sich bei der Geburt sehr schwer und ist inzwischen kastriert..
Alice ist unsere Stammutter. Fast alle bei uns geborenen Kätzchen gehen in direkter Linie auf sie zurück und sie ist Mutter, Oma, Ur-Oma oder Ur-Ur-Oma. Lediglich mit Angies Babys ist sie nicht direkt verwandt. All ihren Würfen war sie eine liebevolle instinktsichere Mama und sie hat uns damit viel Freude gemacht.
Auch in ihrem Abschied nehmen vom Mutterglück ist Alice perfekt. Nach ihrem letzten Wurf im Sommer 2001, aus dem Nanouche bei uns blieb, wurde sie noch zwei mal rollig ohne auf zu nehmen. So erspart sie sich die Notwendigkeit der Kastration. Sie ist eine liebe, ausgeglichene Oma, liebt das Sofa, fordert ihre Sreicheleinheiten und kommt mit den anderen Katzen bestens zurecht.
Leider ist Alice nu nicht mehr bei uns.
Inzwischen durfte ich viele Geburten bei meinen Katzen miterleben. Leider gab es auch traurige Erlebnisse. Doch sie sind in der Minderzahl und die gut verlaufenden Geburten überwiegen GOTT SEI DANK bei weitem. Jedes mal ist es etwas besonderes dieses Wunder zu erleben, Zeuge des ersten Atemzugs, der ersten Bewegung eines neuen Lebewesens zu sein. Doch die Erinnerung an die erste Geburt wird wohl immer etwas besonderes sein an das ich mit großer Dankbarkeit zurück denke.
Carmen Erdmann
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